Wiederbelebung des Hanfanbaus in Russland – aber nicht für den Konsum von Cannabis
Wiederbelebung des Hanfanbaus in Russland – aber nicht für den Konsum von Cannabis

Wiederbelebung des Hanfanbaus in Russland – aber nicht für den Konsum von Cannabis

Hanfanbau hat in Russland Tradition. Lebensmittel, Stoffe, Kosmetik: Das Land besinnt sich auf eine vielseitig verwendbare Pflanze, bleibt aber bei seiner Nulltoleranz-Politik in Sachen Cannabis-Konsum

Hanf als traditionell russisches Produkt

Ende des 19. Jahrhunderts war der Anbau von Hanf ein Haupteinkommen der Bauern in mehreren russischen Regionen wie Kaluga oder Kursk. 40 Prozent der europäischen Hanfproduktion kamen damals aus dem Zarenreich. In der Sowjetunion wurde der Anbau, wie bei anderen Feldfrüchten auch, kollektiviert oder verstaatlicht. Das Land stieg durch eine fast industrialisierte Produktion zum weltweit bedeutendsten Hanfproduzenten mit auf.

Die bedeutende Stellung auf dem Weltmarkt hatte nicht nur mit einer Steigerung der Anbaufläche in Russland zu tun. Eine Rolle spielte hier natürlich auch der beginnende Kampf gegen Cannabis als Rauschdroge in westlichen Industriestaaten, wodurch dort der Anbau früh zurück ging. Mit dem Ende der UdSSR brach auch die Hanfkultivierung in den Staatsfarmen zusammen. Im neuen Russland war die Kultivierung der Pflanze erst ab 2007 wieder erlaubt, aber nur unter strengen, bürokratischen Auflagen und natürlich in der Rauschmittel-freien Industrievariante.

Da die Behörden den Konsum von Hanfprodukten wie Marihuana verhindern wollen, nutzten sie zunächst die Untiefen der Bürokratie, eine neue Ausbreitung der einst wichtigen Feldfrucht zu hemmen. In Russland gilt bei Drogenkonsum eine Nulltoleranz-Politik, die auch für Cannabis angewendet wird. Die Bewegung für die Legalisierung der Droge, in Deutschland ja sehr stark, ist hier kaum vorhanden. Breiter gesellschaftlich wird das Thema bisher nicht diskutiert.

Selbst eine Gesetzesinitiative für die medizinische Anwendung scheiterte 2019. Zu einer Wiederbelebung der verlorenen Tradition kam es deswegen zunächst nur im sehr bescheidenen Umfang, 2018 waren 8.000 Hektar, was nicht einmal 10 % der Aussaatfläche am Ende der Sowjetzeit entspricht.

Darf man in Russland Cannabis besitzen und konsumieren?

Die russische Regierung hat eine strenge Einstellung zum Besitz und Konsum von Cannabis. Beides ist gemäß Artikel 228 des Strafgesetzbuchs des Landes illegal und kann mit Geldbuße und/oder Freiheitsentzug bestraft werden. Seit 2012 kann der Vollzug der Strafe zurückgestellt werden, wenn der Täter drogenabhängig ist.

Der Besitz von bis zu sechs Gramm Cannabis wird als Ordnungswidrigkeit angesehen. Besitz ab sieben Gramm ist eine Straftat. Es gibt jedoch Berichte von Personen, die wegen Cannabisbesitzes verhaftet wurden, wobei die Behörden die Menge an Cannabis, mit der man verhaftet wurde, übertrieben.

Für den Besitz größerer Mengen können folgende Strafen verhängt werden:

  • eine Geldstrafe von bis zu 40.000 Rubel,
  • der Betrag von drei Monaten des Lohns/Gehalts des Täters,
  • Pflichtarbeit bis zu 480 Stunden,
  • gemeinnützige Arbeit für bis zu zwei Jahre,
  • Freiheitseinschränkung oder Freiheitsentzug bis zu 3 Jahren (in den meisten Fällen Gefängnis).

Für Besitz besonders großer Mengen wird das Strafmaß erhöht auf:

  • eine Geldstrafe von bis zu 500.000 Rubel,
  • den Betrag von drei Jahren des Lohns/Gehalts des Täters,
  • und/oder Freiheitseinschränkung oder Freiheitsentzug für 3 bis 10 Jahre.

Wenn die Person das Cannabis den Behörden freiwillig aushändigt und „aktiv“ zur Aufdeckung und Verhinderung von Aktivitäten im Zusammenhang mit Drogen beiträgt, kann sie Strafe vermeiden. Tatsächlich ist Besitz und Konsum von Cannabis in Russland riskant. Für Straftäter liegt die Freispruchsquote bei 0,1 %, die meisten werden zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Nahezu die Hälfte der 102.217 Verurteilungen im Jahr 2017 betrafen Personen, die wegen Cannabis oder anderer Straftaten im Zusammenhang mit weichen Drogen verurteilt wurden. Trotzdem gibt es eine große Anzahl Drogenkonsumenten im Land. Schätzungen liegen zwischen 7,3 und 8,5 Millionen insgesamt.

Darf man in Russland Cannabis anbauen?

Der Anbau von Cannabis ist in Russland illegal. Die Strafen für den Anbau sind die gleichen wie für den Verkauf. Wer auch nur eine geringe Anzahl von Pflanzen anbaut und erwischt wird, muss mit hohen Haftstrafen rechnen. Im Juni 2019 gab es seitens der Regierung Anzeichen für eine gewisse Lockerung dieses Gesetzes. Sie verabschiedete ein Gesetz, das den Anbau von Cannabis für pharmazeutische Zwecke ermöglicht. Das Gesetz muss noch vom Föderationsrat angenommen und von Präsident Wladimir Putin unterzeichnet werden, um als Gesetz in Kraft zu treten. Wenn das Gesetz angenommen wird, würde es Unternehmen mit einer speziellen Lizenz den Anbau von Cannabis erlauben.

Medizinisches Cannabis in Russland

Derzeit gibt es in Russland kein medizinisches Cannabis-Programm. Die Regierung hat auch keine Absicht geäußert, dies in Zukunft einzuführen. Das Gesundheitsministerium des Landes hat jedoch festgestellt, dass es Cannabis für medizinische Forschungszwecke importieren will. In einem Verordnungsentwurf heißt es, dass sowohl Haschisch als auch Cannabis für Untersuchungen zur Drogenabhängigkeit und zur Isolierung aktiver Wirkstoffe benötigt werden. Es wird vorgeschlagen, zu diesem Zweck 1,1 kg Cannabis, 300 g Haschisch und 50 g Haschischöl einzuführen. Dies ist nicht das erste Mal, dass Russland seine Gesetze in Bezug auf medizinisches Cannabis gelockert hat. Beispielsweise durften ausländische Fußballfans bei der FIFA-Weltmeisterschaft 2018 medizinisches Cannabis mitnehmen, wenn sie ein Rezept hatten.

Soziale Akzeptanz von Cannabis

Die russische Regierung vertritt von jeher einen negativen Standpunkt zum Cannabiskonsum, was sich wiederum auf die Wahrnehmung der Pflanze in der breiten Öffentlichkeit ausgewirkt hat. Einem Nachrichtenbericht zufolge sind 89 % der Bevölkerung des Landes gegen die Legalisierung der Droge. Diese Meinung hat sich seit vielen Jahren durchgesetzt.

Cannabis ist nicht so weit verbreitet wie in anderen Ländern. Tatsächlich ist die am häufigsten missbrauchte Substanz der Alkohol. Ungefähr 3,9 % der Bevölkerung konsumieren Cannabis, was mit vielen anderen osteuropäischen Ländern vergleichbar ist. Dieser Prozentsatz liegt jedoch ein ganzes Stück unter dem von westeuropäischen Ländern.

Wird Cannabis in Zukunft legalisiert?

Angesichts des ablehnenden Standpunkts des Landes zum Cannabiskonsum ist es unwahrscheinlich, dass der Freizeitkonsum in naher Zukunft legalisiert wird. Die jüngsten Schritte der Regierung zur Legalisierung des Cannabisanbaus für medizinische Zwecke und Forschung markieren jedoch einen Wendepunkt in der Einstellung. Möglicherweise wird in Zukunft ein medizinisches Cannabis-Programm eingeführt. Derzeit gibt es jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass dies geschehen wird.

Quellen:

https://en.wikipedia.org/wiki/Cannabis_in_Russia
https://www.heise.de/tp/features/Nicht-zum-Kiffen-Wiederbelebung-des-Hanfanbaus-in-Russland-6258712.html

https://www.hanf-magazin.com/politik/international/cannabis-forschung-auch-bald-in-russland/

https://sensiseeds.com/de/blog/lander/cannabis-in-russland-gesetze-konsum-geschichte/?sqr=russland

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