Ampel lässt Stichtag zur Cannabis-Legalisierung verstreichen, legaler Anbau und Verkauf erst 2024?
Ampel lässt Stichtag zur Cannabis-Legalisierung verstreichen, legaler Anbau und Verkauf erst 2024?

Ampel lässt Stichtag zur Cannabis-Legalisierung verstreichen, legaler Anbau und Verkauf erst 2024?

Vor gut einem Monat hätte die Ampelkoalition aus der UN Single Convention austreten müssen um eine Legalisierung von Cannabis überhaupt 2023 zu erreichen. Die Ampel-Koalition* hätte einen Gesetzesentwurf bis zum 1. Juli 2022 vorlegen müssen und diesen auch durch Bundestag und Bundesrat bekommen müssen. Dann wäre der frühestmögliche Austritt der 1. Januar 2023 gewesen. Da bis Juli kein Gesetzesentwurf vorgelegen wurde, verlängert sich der Austrittstermin um ein weiteres Jahr. Somit reden wir nun von einer Legalisierung frühestens 2024.

Natürlich bestehen mehrere Möglichkeiten aus der Single Convention auszutreten. In Betracht ziehen könnte man z. B. die Single Convention einfach zu brechen oder sie rechtlich geschickt zu umgehen. Beides wäre möglich.

Die beiden einzigen Länder, die Cannabis bis dato vollumfassend legalisiert haben, sind Kanada und Uruguay. Sie verstoßen seit Jahren wohlwissend gegen die UN Single Convention on Narcotic Drugs von 1961. Dieses – zu Deutsch – Einheitsabkommen der Vereinten Nationen verbietet den Anbau und die Vermarktung von Cannabis jenseits wissenschaftlicher und medizinischer Zwecke und stellt Cannabis gleich mit harten Drogen wie Heroin und Kokain. Eher unwahrscheinlich, dass Deutschland analog zu Kanada und Uruguay sich einfach in stillschweigender Ignoranz übt. Vorstellbar sei ein Modell wie in Bolivien. „Dort wurden Kokablätter für Ureinwohner legalisiert. Bolivien ist aus der UN-Convention ausgetreten, hat das Kauen von Kokablättern legalisiert und ist dann wieder eingetreten.“

Erster Joint 2023 legal oder doch erst 2024

Vor einiger Zeit äußerte sich noch Bundesjustizminister Marco Buschmann, – „Mein persönliches Ziel ist, dass wir im nächsten Jahr so weit sind, dass wir vielleicht den ersten legalen Joint verkaufen können“. Auf Twitter ergänzt er: „Es ist realistisch möglich, das Gesetz bis Frühjahr 2023 umzusetzen.“ Daran gibt es aber mittlerweile Zweifel.
Carmen Wegge, die zuständige Berichterstatterin der SPD im Innenausschuss sagte – Man solle sich „damit zurückhalten zu sagen, wir schaffen das auf jeden Fall nächstes Jahr im Sommer“, so Wegge. Ihre Prognose ist, dass Cannabis wahrscheinlich erst ab dem übernächsten Jahr legal wird, also frühestens 2024.

Es gibt aber auch noch eine weitere Möglichkeit die Legalisierung noch 2023 zu realisieren. Vor dem Bundesgerichtshof liegen mittlerweile mindestens 4 Klagen die sich auf die Verfassungswidrigkeit des Cannabisverbotes beziehen. Sollte der Bundesgerichtshof dem zustimmen, muss die Regierung innerhalb weniger Monate die Gesetzeslage ändern und die Verfolgung umgehend einstellen.

UN-Convention nicht die einzige Hürde

Leider ist die UN-Convention nicht die einzige Hürde die einer Legalisierung im Wege steht. Auch das Schengener Abkommen untersagt den Handel mit Cannabis.
Nach Art. 71 Abs. 1 dieses Übereinkommens verpflichten sich die Vertragsparteien, in Bezug auf die unmittelbare oder mittelbare Abgabe von Suchtstoffen und psychotropen Stoffen aller Art einschließlich Cannabis und den Besitz dieser Stoffe zum Zwecke der Abgabe oder Ausfuhr unter Berücksichtigung der bestehenden Übereinkommen der Vereinten Nationen alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, die zur Unterbindung des unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln erforderlich sind. (Rn. 8)
Der EuGH verweist explizit also darauf, dass Ausfuhr und Abgabe von Cannabis im Schengenraum zu unterbinden sind. Auch das Unionsrecht sieht in Art. 2 Abs. 1 Buchst. a des Rahmenbeschlusses 2004/757 vor:
[…] dass jeder Mitgliedstaat die erforderlichen Maßnahmen trifft, um sicherzustellen, dass u. a. folgende vorsätzliche Handlungen unter Strafe gestellt werden, wenn sie ohne entsprechende Berechtigung vorgenommen wurden: das Anbieten, Feilhalten, Verteilen, Verkaufen, Liefern — gleichviel zu welchen Bedingungen — und Vermitteln von Drogen. (Rn. 39)

Was bedeutet dies für die Legalisierung von Cannabis in Deutschland? Nichts Gutes, steht zu befürchten, solange die internationalen Verträge sind, wie sie sind. Die große Koalition kann nicht einfach Cannabis aus dem Strafrecht streichen und damit Produktion, Verkauf und Konsum entkriminalisieren. Alles außerhalb der medizinischen und wissenschaftlichen Nutzung und kleiner Mengen zum Eigenbedarf würden schlicht und ergreifend gegen europäisches und internationales Recht verstoßen. Andererseits steht Deutschland auch nicht der Weg einer Tolerierung über das Opportunitätsprinzip offen, wie es bei den Niederländern praktiziert wird. Wie soll der großangelegte und lizenzierte Anbau toleriert werden, wenn nicht einmal die rechts-pragmatischen Niederländer dies geschafft haben?

Die Bundesregierung muss allerdings noch eine Reihe von offenen Fragen klären, bevor sie das Cannabiskontrollgesetz präsentieren kann. Wann genau Cannabis legal zu kaufen sein wird, steht also weiter in den Sternen.

Quellen:
https://verfassungsblog.de/das-cannabis-dilemma/
https://www.merkur.de/politik/cannabis-legal-ampel-2023-plaene-datum-optionen-fdp-gruene-spd-zr-91667755.html
https://www.tagesschau.de/inland/cannabis-legalisierung-109.html
https://twitter.com/CarmenWegge
https://twitter.com/MarcoBuschmann

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